Kommt die Neuwahl? Oder sitzt die Ampel ihr Chaos aus? Zerbricht sie doch, aber zwei von drei Partnern wurschteln ohne den Dritten weiter? „Die Wahrscheinlichkeit, dass die Koalition hält, ist unter 50 Prozent“, erwartet Friedrich Merz. Der CDU-Vorsitzende ist sich aber sicher: „Diese Woche oder nächste Woche wird es sich entscheiden.“ Ob danach Neuwahlen kommen, bleibt offen.
Rund 310 Kreisverbände hat die CDU deutschlandweit. Dazu kommen zahlreiche Bezirksverbände. Mit deren Vorsitzenden suchte der CDU-Vorsitzende jetzt das Gespräch: Was sind die Erwartungen an den CDU-Wahlkampf? Welche Inhalte wiegen gerade vor Ort besonders schwer?
Wirtschaft im Fokus
„Wir werden nicht in diese Regierung eintreten“, stellte Merz in der Runde fest. „Der beste Weg wären schnelle Neuwahlen. Denn diese Regierung wird es nicht schaffen, zu einem geordneten Regieren zurückzukommen.“
„Die Wirtschaft funktioniert nicht. Wir haben einen massiven Kapitalabfluss“, stellt Merz die Ausgangsposition klar. „Das ganze System funktioniert nicht. Wir brauchen die Menschen im Arbeitsmarkt, nicht im Bürgergeld.“ Die Energiekosten sind viel zu hoch, der Standort Deutschland nicht mehr konkurrenzfähig. Dazu fordert Merz: „Wir brauchen ein Steuerrecht, das die Unternehmen auf ein wettbewerbsfähiges Niveau herunterbringt. Wir sind nicht mehr attraktiv, weil wir für die Unternehmen ein Hochsteuerland geworden sind.“
Für ein neues Miteinander
Die Gesellschaft muss neu austariert werden, wirft Tobias Krull in die Diskussion ein. Leistung muss sich mehr als bisher wieder lohnen. „Wir lassen keinen Zweifel aufkommen, dass wir uns dem sozialen Miteinander verpflichtet fühlen“, macht Merz in der Runde klar.
„Ich stehe dafür, den Sozialstaat im Kern zu erhalten. Aber es ist unsere Aufgabe, dafür zu sorgen, dass das vernünftig gemacht wird“, stellt Merz fest. Für die CDU gilt: „Wir sind keine reine Wirtschaftspartei. Wir sind die Partei der Sozialen Marktwirtschaft. Beides gehört zusammen.“ Das so genannte Bürgergeld ist ein Irrweg. „Wir haben daher die neue Grundsicherung beschlossen.“ Wer erwerbslos ist, muss ein gutes Angebot zum (wieder)Einstieg in den Arbeitsmarkt bekommen.
Keine neuen Schulden vererben
Auch das gehört zu einem intakten Miteinander: „Wir dürfen unseren Kindern nicht immer mehr Schulden hinterlassen.“ Denn alle Schulden müssen bezahlt werden. Das kostet immer extra – wer privat auf Raten kauft oder Kredite braucht, weiß das.
Für die denkbare Auflage eines Investitionsfonds bräuchte es mindestens zwei Bedingungen, so Merz: Es muss dann wirklich nur in die Infrastruktur investiert werden. Und es darf nicht wieder in eine neue Verschuldung münden. „Wir müssen Bedingungen schaffen, dass das Geld wertsteigernd investiert wird. Und dass wir im sozialen Bereich die Dynamiken der Ausgaben in den Griff bekommen. Wenn wir das Gesamtkonzept in den Griff bekommen, dann kann man darüber reden, die Schuldenbremse zu reformieren, aber nicht darüber, sie abzuschaffen.“
Zukunftsangebote machen
Vor allem die junge Generation braucht in diesem Sinn Angebote für ihre Zukunft, fordert Holger Bormann. Warum können sich normale Menschen kein eigenes Haus mehr leisten? Das macht was mit unserem Land, ergänzt Reinhold Hilbers aus Niedersachsen.
„Wir müssen den jungen Menschen eine Perspektive geben, Wohneigentum zu erwerben.“ Die CDU wird das Thema im Programm haben, so Merz: „Wir müssen preisgünstiger bauen. Wir müssen seriell und in großen Stückzahlen bauen und standardisierte Häuser.“
Klar ist für den CDU-Chef: „Wir müssen allen ein gutes Politikangebot machen. Das Aufstiegsversprechen der Sozialen Marktwirtschaft müssen wir möglich machen. Wir müssen eine Atmosphäre schaffen, in der junge Menschen sich wieder etwas zutrauen und in dem ihre Anstrengungen auch belohnt werden.“
International Verantwortung übernehmen
Beim Thema Außenpolitik wird deutlich: Joe Biden war vielleicht der letzte transatlantische US-Präsident. Er war noch durch die Nachkriegsordnung geprägt. Doch die Ausrichtung der USA wechselt in den pazifischen Raum – egal, wer Präsidentin oder Präsident wird.
„Was nachkommt wird anders“, stellt Merz fest. „Bei Harris freundlicher. Bei Trump unfreundlicher. Aber beide werden sagen: Ihr werdet mehr für eure Sicherheit ausgeben müssen.“ Merz äußert gegenüber den eigenen Kreisvorsitzenden die Empfehlung: In Europa sollten wir mit drei Ländern enger zusammenarbeiten. England, Frankreich und Polen. „Wir müssen eine gemeinsame außenpolitische, sicherheitspolitische und verteidigungspolitische Position einnehmen.“
China ist zunehmend aggressiv nach außen und repressiv nach innen. „Gegen China sollten wir mehr unsere eigenen Interessen definieren.“ Investieren deutsche Unternehmen dort, müssen sie mehr Risiken selbst übernehmen.
Die CDU will auch die Abhängigkeit von Rohstoffen und einzelnen Lieferstaaten verringern. „Wir sind in einer Phase, in der wir unsere Interessen definieren und unsere Abhängigkeiten reduzieren müssen. Dazu brauchen wir eine strategische Außenpolitik. Wir müssen unsere Interessen auf der ganzen Welt wahrnehmen. Und das tun wir als Europäer am besten gemeinsam.“
Klare Politik braucht klare Aussagen
Die CDU plant einen Wahlkampf, der auf die Wirtschaft zugeschnitten ist. Sie wird mit klaren, umsetzbaren Forderungen in den Wahlkampf gehen, kündigt Merz auf den Hinweis von Holger Cosse aus Meppen an. „Wir wollen wieder stolz sein auf unser Land“, sagt Merz. Ein Satz, der die Motivation der Union zusammenfasst – und der jetzt auch vom FDP-Chef aufgegriffen wurde.